Die DIN-Normung für die Finanzbranche wird erwachsen

Was im Jahre 2013 durch die Initiative einiger idealistischer Finanzmakler mit der Fertigstellung des der DIN SPEC 77222 „Finanzanalyse für Privathaushalte“ begann, ist inzwischen groß geworden: die Idee von Finanznormen zur Gewährleistung gleichbleibend hoher Prozess-Qualität und Kundenorientierung in der Finanzberatung. Nun schickt sich die DIN-Norm 77230 „Finanzanalyse für Privathaushalte“ an, auch Europa zu erobern.

Mit der DIN 77230, die Weiterentwicklung der genannten DIN SPEC, veröffentlichte das Deutsche Institut für Normung (DIN) zu Beginn des Jahres 2019 die erste veritable Finanznorm, der die DIN 77235 „Finanz- und Risikoanalyse für Selbstständige, Freiberufler und KMUs“ (2021) und die DIN 77223 zur „Risikoprofilierung von Privatanlegern“ (2022) folgten. Ebenfalls in 2022 erarbeitete eine Expertengruppe unter dem Dach des DIN eine überaus leichtgängige und doch die regulatorischen Erfordernisse bedienende „Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen“. Und in 2023 wurde die 77230 – ohne Aufgabe des ganzheitlichen Anspruchs – in neun Bedarfsfelder modularisiert, die den Einstieg in die normkonforme Arbeit für die Finanzberater erheblich erleichtern.

An der Entwicklung dieser Normen wirkten insgesamt knapp 100 Unternehmen, Initiativen und Personen mit – darunter die größten Versicherer, Banken und KAGs, Verbände, Wissenschaftler, Juristen und Verbraucherschützer.

Mehr Umsatz und mehr Haftungssicherheit

Die noch vergleichsweise wenigen Makler und Vermittler, die die Normen umsetzen, berichten von guten Ergebnissen in Sachen Kundenzufriedenheit. Das gestärkte Vertrauen der Kunden führt regelmäßig zu mehr Offenheit und daraus folgend zu Cross-Selling und mehr Umsatz, zu höherer Vertragsdichte und zu stabileren Beständen. Den Best-Agern unter den Vermittlern sei gesagt: Damit erhöht die Normumsetzung zugleich den Wert von Beständen!

Positiv wirkt sich auch die gesteigerte Haftungssicherheit für die Berater aus: Etliche Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherer gewähren zertifizierten DIN-Spezialisten Rabatte auf ihre Tarife. Der Bank- und Versicherungsrechtler Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski hat im Juli 2023 in der Zeitschrift für das Versicherungswesen die Frage „Müssen Vermittler DIN-Normen kennen?“ dahingehend beantwortet, dass die Umsetzung von Normen regelmäßig zu mehr Rechtssicherheit in Haftungsfällen führt.

Hochkaräter aus der Branche für die Branche

Jahrzehntelang war es Branchenpraxis, auf schlechte, die Produktivität lähmende Regulatorik zu warten und anschließend kollektiv darüber zu lamentieren. Doch das zunehmende Bemühen der Branche, dies durch im Konsens entwickelte eigene, gute und die Produktivität steigender Regeln zu ersetzen, hat DIN durch die Gründung einer Fachabteilung für die Finanznormung gewürdigt: den Normenausschuss Finanzen NAFin.      

Im Beirat des NAFin, in dem strategische Entscheidungen über Finanznormungs-Projekte gefällt werden, und in den dort angegliederten Themenforen engagieren sich neben hochkarätigen Unternehmensvertretern auch AfW-Vorstand Norman Wirth, bvk-Vizepräsident Andreas Vollmer und BVI-Geschäftsführer Rudolf Siebel sowie BiPro-Gründer Dr. Manuel Reimer, die Expertin für Finanzbildung Prof. Dr. Katrin Löhr, der Finanzberatungsexperte Prof. Dr. Matthias Beenken, der ehemalige BaFin-Beirat Professor Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt Universität zu Berlin .

Nun hat im April auf Initiative Deutschlands und nach Abstimmung unter den 34 Mitgliedsstaaten das europäische Normungsinstitut CEN ein Technical Committee TC Finance gegründet. Zum Chairman des TC wurde Votum-Vorstand Martin Klein gewählt. Ziel der Gründung: Auch die immer aktiver werdenden europäischen Regulierer sollen wahrnehmen, dass die Finanzbranche bereit und in der Lage ist, sich selbst gute Regeln zu geben. In einem ersten Projekt soll die DIN 77230 zu einer europäischen Norm weitergeführt werden.

Damit haben die Initiatoren einen weiteren, großen Schritt unternommen, um mit eigenen, praxisnahen Standards für mehr Qualität und wirklichen Verbraucherschutz einer überbordenden Bürokratie und Überregulierung zu Lasten von Beratern und Verbrauchern vorzubeugen.


Dr. Klaus Möller
Vorstand DEFINO Institut für Finanznorm
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